MATERIALIEN

Bitumen

Als Erdölprodukt weist das Bitumen über eine dunkelfarbige, halbfeste, schmelzbare Struktur auf. Es liegt in seiner Gestalt sehr nahe beim Rohöl selbst und insofern fungiert es selbstredend als Hinweis auf diesen Urstoff. Heute finden wir das Material vorwiegend als Bindemittel im Asphalt, welcher im Straßenbau zum Einsatz kommt und in verschiedenen Produkten für Dichtungszwecke. Erdöl, bzw. Bitumen mitgedacht, ist ein Urstoff der Mutter Natur, der quasi das grünende Leben, die Lebensenergie von Jahrmillionen in sich trägt und dem Menschen als Gabe zur Verfügung steht. Das archaische, absolute Schwarz spiegelt bisweilen buchstäblich die mysteriöse Feierlichkeit und das unergründliche Gewicht des Seins vor die Augen des Bildbetrachters. In Franz Dürnberger`s Arbeiten ist Bitumen wahrscheinlich der prägnanteste Stoff, eine Art Beschwörung in lebendigem Schwarz aus den Tiefen des Seins.

Holz, Blätter, Gräser

Holz, in Form von Spänen und Rindenstücken, sind oftmals in den Bildern enthalten, jedoch auch andere Bestandteile des Baumes, wie Laubblätter oder Nadeln. Sinnbildlich steht Holz für eine Lebensweise im Einklang mit der Natur, in einer gewissen herben aber gesunden Form. Holz steht in diesem Zusammenhang für kreative Einfachheit, wärmende Energie und Geborgenheit, aber alles ohne Sentimentalität.
Neben den Blättern von Bäumen kommen auch Blumenblüten bzw. Blumenblütenblätter zum Einsatz, beide oft in direkter Verbundenheit mit analogen Farben, wodurch letztere quasi eine „Materialisierung“ erfahren. Rosenblätter etwa, stehen freilich für die Liebe, bzw. äußern auch die Sehnsucht nach der Liebe als Fülle. Hellere Töne bei Kirsch – und Apfelblüten repräsentieren Zartheit und Aufblühen. Gelbleuchtende Löwenzahnköpfe repräsentieren unbändige Kraft, sind Sinnbilder für den göttlichen Ursprung der Schöpfung, so auch Grasgrün, wenn auch in sozusagen milderer Art.

Muschel- und Steinsplitt

Muschelsplitt entsteht aus den Schalenresten von abgestorbenen Mollusken. Es wird also deren Kalkhülle für die Arbeit verwendet. Das Material (es stammt von Stränden entlang der oberen Adria) wird Großteils in Form von Splitt eingesetzt, einerseits um nicht zu dekorativ zu agieren, andererseits sind kleinere Muschel in ihrer Gestalt ohnedies eher zerbrechlich, was sozusagen demonstriert wird –  dies ist hintergründig gemeint. Die Muschel gilt in der abendländisch religiösen Tradition seit dem Mittelalter als Symbol der spirituellen Pilgerschaft („Jakobsmuschel“), die ohne die Konfrontation mit den persönlichen Erfahrungen des Gebrochen – und Zerbrochen-Seins, also den persönlichen Wunden und Narben, eine nutzlose „Face“ wäre! Ohne Erkenntnis „der Krankheit“, keine Möglichkeit der Heilung. Die Muschel ist aber auch der Ort verborgener, innerer Schönheit – mit der Perle ist sie Sinnbild der gereinigten, heilen Seele, deren Glanz einmal in und durch Gott offenbar wird. Sie repräsentiert, in den Arbeiten von Franz Dürnberger, insofern diese – jeden Menschen prägende und bewegende – Sehnsucht nach Identität und Ganzheit.

Der Steinsplitt, welcher bei den Bildern verwendet wurde, besteht oft aus den zwei Gesteinsarten Granit und Calcit. Granite sind massige und relativ grobkristalline, magmatische Tiefengesteine, die reich an Quarz und Feldspaten sind, aber auch dunkle Minerale, vor allem Glimmer, enthalten. Er steht für Festigkeit, Verlässlichkeit, Treue und Schutz. Der weiß strahlende Calcit ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral der Carbonate und entwickelt verschiedene Kristall- und Aggregatformen. Er fungiert als Licht-Zeichen für Vollkommenheit als letztlich religiöse Erwartung: „Christus – Hoffnung auf Herrlichkeit“, so steht es in einem Brief des Apostel Paulus. Die Worte  stehen im Zusammenhang mit der Überzeugung von der Auferstehung der menschlichen Person aus dem Tod und der Verwandlung der ganzen Schöpfung, zentriert in der Person Jesu Christi und dem machtvollen Lichtglanz seiner Auferstehungswirklichkeit.

Plastik

Plastik ist wie Bitumen, aber doch völlig anders transformiert, ein Erdölprodukt und beide liegen in den Arbeiten des Künstlers oftmals kombiniert vor. Dabei wird der formlose Bitumen-Grund, zum Rückverweis auf den Ausgangspunkt, auf die Herkunft des oft nur in Form von Partikeln aufgestreuten Plastiks. Dieser Zusammenhang, dieser Kreislauf erscheint unglaublich und bleibt auch meistens unbedacht. Und tatsächlich, als Stoff erscheint Plastik, vergleichsweise zu Formen aus Holz, Stein, Metall, aber auch zum Rohöl selbst, so unglaublich weit von seiner Quelle entfernt, und erscheint quasi fast wie „Natur-los“. Zudem ist Plastik, jener Stoff, der jede Form und Farbe anzunehmen vermag, massiv bis völlig transparent, hart wie weich – eigentlich eine Magie menschlicher Schaffenskraft.

Ohne dieses Faszinosum leugnen -, bzw. die Bedeutung dieses Materials schmälern zu wollen, wird Plastik in den Arbeiten von Franz Dürnberger, eben weil schier „Natur-los“, oftmals zum kulturkritischen Referenzpunkt. Als „letzter Stoff“ menschenmöglicher Transformierung von Natur – so die Überzeugung des Künstlers – begleitet Plastik als ästhetisches Signum auch ein „letztes Menschentum“. Es ist jenes, welches sich bei aller praktischen „Leichtigkeit des Seins“ im Zuge allgemeiner technologischer Wohlfahrt und der „Entsorgung“ vieler letzter Orientierungen als „Altlasten“ in seiner so behaupteten „Freiheit“ zugleich ebenso als absolute Größe, wie existentiell zugleich völlig relativiert und nichtig vorfindet. „Wurzel-los“ wie „Gott-los“ geworden ist kein Sinn, keine Orientierung zu finden, welche  über die aktuelle Weltwirklichkeit und menschliche Willkür hinausweisen. Was dem „Sinn-los“ gewordenen Individuum bleibt, ist die Flucht (ob mit oder ohne „Weltverbesserungs-Ideologie“) aus seiner Vorläufigkeit in die Illusion einer stabilen Leichtigkeit und Buntheit des Lebens, allegorisch ausgedrückt, sozusagen in eine „Leid-lose Welt, wie aus Plastik“.

In der Bildserie mit der rätselhaften Buchstabenkombination „bclimtp“ offenbart Plastikmaterial gerade im Kontrast zu Naturmaterial, seinen hochglänzenden verführerischen Reiz, suggeriert einen beständigen, leichten, ja nahezu schwebenden Zustand. Und doch: gerade die Anwesenheit von Naturmaterial, in seiner geerdeten, gewachsenen, vielgestaltigen, oft zart-hinfälligen Erscheinung, lässt bei näherer Betrachtung, Plastik in seinem auch sterilen, gleichförmigen Charakter hervortreten, eben als Medium der Illusion. Das Kürzel „bc lim tp“  steht für folgende Botschaft:   „Be carefull, life is more than plastic!“

Plastik kann aber auch in seiner Materialität – und Stoffe sind ja oft sehr dialektisch in ihrer Sinnbildlichkeit – noch einmal anders fungieren, wie der selbige Künstler zeigt! In markanten Arbeiten mit dem Übertitel „Playing Plastic“ wird die quasi oberflächliche Leichtigkeit und Buntheit des Materials dann zum positiven Medium, jener zwecklosen Verspieltheit, die nicht der Flucht und dem Verharren in Illusionen dient, sondern, die als tatsächlich unbeschwertes Spiel die transzendierende Geistigkeit der menschlichen Person offenbart. Für den Künstler sind solch zwecklose, kreative „Machenschaften“ dort am offensichtlichsten anzutreffen, wo Ideologie noch am wenigsten die Phantasie begrenzt, nämlich: auf der Ebene der Kinder und ihrer Kreativität. Die Zeichnungen von Kindern gehören für Franz Dürnberger – er ist selbst Vater einer Großfamilie und wurde als solcher zum leidenschaftlichen Sammler hunderter Kinderzeichnungen – eine faszinierende Quelle der Inspiration. Öfters wurden (und werden sicher noch) Bildarbeiten angeregt von Kinderzeichnungen. Themenkreise entwickeln sich daraus (zB: „Autos/cars“, „Blumen/ streetflowers“), Ideen werden aufgegriffen, kopiert und angereichert, oder weiter- bzw. umgestaltet. Glanz, Buntheit, Leichtigkeit von Plastik als bevorzugtes Material der Bildgestaltung scheinen dem Künstler dabei ideal. „Playing Plastic“ – „da zeigt sich das Kind (auch) im Manne“. Mehr dazu kann nachgelesen werden in „TEXTE“ unter „Playing Plastic – eine Art Interview zum Thema“

Zuletzt und vielleicht noch gewichtiger: gerade im Bereich religiöser Motive, fungiert Plastik dann sogar als Medium der „Inkarnation göttlicher Botschaften“ – im damit gegebenen quasi banalen zeitgemäßen Kleid! Besonders ausgeprägt geschieht dies in den sogenannten „Blue Plastic – Arbeiten“, wo Plastikmaterial, genauer nämlich Fragmente von Trinkwasserflaschen und deren Stöpsel, vor allem aber auch Fragmente von Trinkhalmen, zum ästhetischen Sprungbrett wird, um zum Beispiel, über den „Lebensdurst“ im spirituellen Sinne nachzudenken und in einer Arbeit wie „Blue Plastic Christ“, Christus als „das Leben spendendes Wasser“ vor Augen geführt zu bekommen. Dazu mehr in „TEXTE“ unter „Blue Plastic Christ“.